(About answers of the ministry of defence to parliamentary inquiries in general and an example about the costs of a tactical air force wing in particular.)
Die Bundesregierung hat dem Parlament u.a. Antworten auf sogenannte Kleine Anfragen und Große Anfragen zu geben. Bisher habe ich darauf nicht verwiesen, aber manchmal sind interessante Detais in diesen Antworten enthalten.
Sehr oft drückt ein Ministerium jedoch in seinen Antworten auch passiv-aggressiv sein Missgefallen an der Anfrage (der Opposition) bzw. der Kompetenz der Fragestellenden aus und antwortet, als ob es nicht um Informationen für den Gesetzgebers, sondern um sein Bloßstellen ginge. Andere Male wird die Auskunft auf Basis von Geheimhaltung verweigert (ich finde dies eine sehr zweifelhafte Praxis, schließlich hat das Parlament die Aufsicht über die Exekutive).
Hier ist eine Webseite, deren Betreiber sich die Mühe machen, die BMVg-relevanten Antworten in einer Liste direkt zugänglich zu machen: bundeswehr-monitoring.de
Hier einmal ein Beispiel:
German Eurofighter - (c) Krasimir Grozev |
"Das Taktische Luftwaffengeschwader 74 Neuburg a.d. Donau hatte im Jahr 2013 im Durchschnitt 21 Luftfahrzeuge in seinem Verfügungsbestand."
und
"Die Gesamtkosten des Taktischen Luftwaffengeschwaders 74 Neuburg a.d. Donau für das Jahr 2013 belaufen sich auf rund 317 Mio. Euro."
und
"Beim Taktischen Luftwaffengeschwader 74 Neuburg a.d. Donau waren durchschnittlich 1126 Soldatinnen und Soldaten sowie 163 Zivilangestellte im Jahr 2013 stationiert bzw. beschäftigt."
und
"Die retrospektiv zu ermittelnden Kosten einer Flugstunde sind für das Jahr 2013 noch nicht abschließend berechnet. Der für das Jahr 2012 ermittelte Kostenansatz lag bei 78197 Euro."
und
"Im Jahr 2013 wurden durch das Taktische Luftwaffengeschwader 74 Neuburg a.d. Donau 3204 Flugstunden durchgeführt, von denen 211 Stunden im Rahmen von Verlegungen nicht in Neuburg a.d. Donau geflogen wurden."
und
"Im Jahr 2013 wurden im Taktischen Luftwaffengeschwader 74 Neuburg a.d. Donau 12751000 Liter Flugkraftstoff an Eurofighter ausgegeben. Dies entspricht ca. 10200 Tonnen Flugkraftstoff.
Aus diesen Informationen kann man direkt und indirekt erkennen:
Geschwader = ca. 21 Flugzeuge*
Gesamtkosten je Eurofighter und Jahr = ca. 15 Mio. Euro
Flugstunde Eurofighter = ca. 78.000 Euro**
Flugstunden Eurofighter je Jahr = ca. 152 h***
Nachschubbedarf Kerosin je Flugstunde im Friedensbetrieb
= 3,4 t****
Es fehlen eigentlich nur noch Angaben zum (typischerweise unzureichenden) Munitionsvorrat und Ersatzteilversorgung. Dem Einzelplan 14 kann man jedoch entnehmen, dass die Beschaffung von Munition durch die Bundeswehr insgesamt typischerweise bei 340-400 Mio. Euro/Jahr liegt.
Bei solchen Werten sollten Fans von Luftmacht ins Grübeln kommen, besonders im Vergleich zu dem, was das Heer stattdessen mit dem Budget machen könnte.
S O
defence_and_freedom@gmx.de
.
*: Im 2. Weltkrieg war das nicht mal eine Gruppe; die hatte ca. 40 Maschinen und ein Geschwader hatte typischerweise 3 Gruppen + Stabsschwarm. Ein heutiges Luftwaffengeschwader ist nicht nur im Vergleich dazu eher eine große Staffel. Die Dienstgrade der involvierten offiziere sind natürlich nicht mit der Flugzeugzahl mitgeschrumpft.
**: Ein katastrophal hoher Wert, allerdings ist die Vergleichbarkeit mit ausländischen Angaben wohl nicht gegeben.
***: Was bei einem Piloten je Eurofighter so wenig wäre, dass ein
ausreichender Übungsstand für eine Mehrrollenfähigkeit praktisch
unmöglich ist. Dafür müsste man in Richtung 240-300 h/Jahr gehen und aufgrund der konstanten Fixkosten würden dann auch die Kosten je Flugstunde sinken.
****: Relevant v.a. für Einsätze von schwer zu versorgenden vorgeschobenen Flugplätzen aus.
Laut weiteren Anfragen sieht es bei den Hubschraubern ähnlich aus. Der Tiger ist durch die Verzägerungen von einem Stückpreis von 15 Millionen pro Tiger auf 45 Millionen pro Stück gestiegen. Der NH90 ist bei 27 Millionen Euro gestartet. Wenn man bedenkt was der eigentlich leisten soll, sind das extreme Kosten. Beide Fälle sprechen für den hier im Blog schon oft genannten Punkt, dass zu viel "vergoldete" Technik erworben wird während man mit bereits existenten Produkten auf dem Markt den gleichen Effekt erzielen könnte. Gerade Kampfhubschrauber gehören zu den Einheiten die in einem symmetrischen Konflikt relativ sicher Verluste hinnehmen müssen (siehe Sovietunion in Afghanistan). Bei den Preisen und Fertigungszeiträumen wäre die Bundeswehr da recht schnell ihre Hubschrauberunterstützung los. Die aktuelle Kritik in den Medien an einen zu geringen Wehretat geht hier auch am Kernproblem vorbei.
ReplyDeleteBei Luftfahrzeugen und Schiffen ist mittels sehr nachlässiger Vertragsgestaltung und -durchsetzung wohl eine verschleierte Industriesubvention in den Preisen enthalten.
DeleteDie Heerestechnik kommt hingegen großteils von Unternehmen, die ihr Personal zwischen Maschinenbau und Wehrtechnik hin- und herschieben können. Da es dem Maschinenbau meist eher gut geht bei uns ist dort keine verschleierte Subvention nötig.
Deutschland steht am Scheideweg, das mit dem nationalen militärisch industriellen Komplex funktioniert nicht mehr und wird im Bereich Marine und Luftwaffe bis auf den letzten Drücker subventioniert. Die Rüstungsprojekte sind europäisch, aber richtig gut laufen die multinationalen Projekte nicht. Sich bei den Amerikanern anhängen ist sicher keine Kostenverbesserung. Das heißt es ist der momentan bestmögliche Kurs politisch, aber er könnte deutlich besser sein. Vermutlich lässt sich das Problem nicht ohne etwas mehr Geld lösen, sollte aber zukünftige Entscheidungen hinsichtlich kostengünstiger Lösungen beeinflussen. Einzige Möglichkeit dazu ist ein Exportmodel mit Verkauf der kosteneffizienten Lösungen an andere Länder (siehe U-Boote). Das kann funktionieren, wenn es konkurrierende Hersteller gibt und sich die Länder austauschen. Die Nationalisierung der Rüstung hört auf und es wird eine Bündnisverteidigung realisiert. Im Schiffbau geht sicher einiges billiger, wenn man mit Korea zusammenarbeitet.
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